Sehr geehrter Herr Dr. Althusmann,
der Austritt von Lagerstättenwasser in Emlichheim hat das Vertrauen der Bevölkerung im Unterwesergebiet und darüber hinaus schwer erschüttert. Nicht nur der bislang einmalige Umfang dieses Störfalles, sondern vor allem der Zeitraum von 4 Jahren, in dem nicht eingegriffen wurde, bestärken uns in der Auffassung, dass die Öl- und Gasproduktion oder gar deren Ausweitung im dicht besiedelten Niedersachsen nicht länger akzeptabel ist.
Man mag sich nicht vorstellen, was eine derartige Leckage in Gebieten mit Trinkwassergewinnung wie in den Kreisen Rotenburg oder Verden anrichten könnte. Es ist überhaupt nicht mehr einzusehen, dass für den prozentual geringen Beitrag zur Gesamtversorgung, den die heimische Förderindustrie leistet, derartige Risiken nicht nur für unser Trinkwasser eingegangen werden. Auch die ungeklärte Häufung von Krebsfällen in bestimmten Gebieten und eine Vielzahl anderer Umweltschäden gehören in diese Betrachtung.
Die Liste der bekannten und bestätigten Störfälle in dieser Industrie wird von Jahr zu Jahr länger – der Fall Emlichheim allerdings ist wohl der vorläufige Tiefpunkt.
Leider wird unseren Forderungen immer wieder entgegengehalten, dass man nicht gleichzeitig aus Kernenergie, Kohle und Gas aussteigen kann. Führende Wissenschafter halten das durchaus für möglich und belegen es durch anerkannte Studien.
Für uns ist aber entscheidend, was in Niedersachsen geschieht. Mit Begriffen wie Brücken- energie und Versorgungssicherheit muss man deshalb in unserem Bundesland nicht hantieren, denn diese Argumente legen nahe, die nationale Energieversorgung sei von der heimischen Förderung abhängig. Das trifft jedoch nicht zu, sondern verstellt den Blick auf das vor Ort Wesentliche: Die Sorge der Bürger um die eigene und mehr noch um die Gesundheit ihrer Kinder.
Auch Ihr immer wieder gezeigter Einsatz für den Erhalt der Arbeitsplätze in der Öl- und Gasindustrie ist zwar sehr anerkennenswert – aber ist es nicht vielmehr so, dass diese Arbeitsplätze mehr durch ein allzu langes Festhalten an einer überkommenen Wirtschaftsweise gefährdet werden? Die Industrie hat gezeigt, dass sie durchaus in der Lage ist, sich auf veränderte Rahmenbedingungen erfolgreich und zukunftsorientiert umzustellen.
Unsere Erwartung an Sie als Wirtschaftsminister ist, dass Sie für diese notwendigen Veränderungen rechtzeitig – also bald – sorgen.
Mit freundlichen Grüßen